Kuba in Köln

by Annette Meisl

Im „La Galana“ werden Zigarren als Sinnbild für Entschleunigung und Lebenskunst zelebriert

Zugegeben die Reaktion klingt drastisch – zumindest wenn dieAnekdote stimmt, die von dem amerikanischen Entertainer Groucho Marx überliefert wird. Die Bitte seiner Ehefrau doch endlich mit dem Rauchen von Zigarren aufzuhören, soll Marx mit einem knappen „Nein, aber wir können ja Freunde bleiben…. “ quittiert haben. Der Genuss einer Zigarre war ihm also mehr wert als das Eheglück? Vermutlich nicht wirklich und doch macht sie deutlich: was für den einen vielleicht nur ein stinkender Stumpen ist, ist für die anderen ein Sinnbild für Entschleunigung und Lebenskunst, ein allerhöchster Genuss, auf den man – wenn man ihn einmal kennengelernt hat – ungern verzichten möchte.

Zigarren raucht man nicht mal so eben. Man nimmt sich dafür Zeit (Annette Meisl)

Die Erfahrung machte auch Annette Meisl. Vor nunmehr 15 Jahren verbrachte die Kölner Künstleragentin auf Einladung der legendären kubanischen Band „Vieja Trova Santiaguera“ den Milleniumswechsel in dem Karibikstaat. Dort lernte sie auch Gregorio Fuentes kennen. Der war damals immerhin schon 103 Jahre alt und hatte von einem langen Leben zu erzählen und seiner Zeit als Kapitän auf der Jacht von Ernest Hemingway. Stundenlang habe sie mit ihm auf einer Veranda gesessen, seinen Geschichten über Hemingway und das kubanische Leben gelauscht. Und wie Fuentes selbst habe sie dabei Zigarren geraucht. Das sei wie ein Eintauchen in eine andere Welt gewesen, erinnert sich Annette Meisl. Eine faszinierende Welt, die sie auf jeden Fall mit nach Köln bringen wollte.

Also fing sie an, mitten in Ehrenfeld ein kleines Stückchen Kuba zu schaffen. 2005 eröffnete sie an der Venloer Str. 213-215 Kölns einzige Zigarrenmanufaktur. Nicht von ungefähr mit dem Namen „La Galana“, denn das heißt übersetzt so viel wie „elegante Frau, die das Leben genießen kann.“ Und zu letzterem gehören fürAnnette Meisl seit Ihrem Kuba Aufenthalt einfach Zigarren. Sieben verschiedene Formate werden inzwischen nach der eigenen La Galana-Rezeptur in der winzigen Manufaktur verkauft. „Zigarren sind ein bisschen so wie Wein, entscheidend ist der Jahrgang der Tabakernte, das Saatgut, die Anbauregion“, erklärt die 42-jährige Kölnerin. Da in ihrer Manufaktur das Zigarrenrollen noch reine Handarbeit sei, variiere der Geschmack trotz gleicher Rezeptur zudem manchmal um kleine Nuancen – was allerdings der Qualität keinen Abbruch tue.

Die Handarbeit erledigen im La Galana ausschließlich geübte kubanische Zigarrenrollerinnen, die an kleinen Holzpulten die Tabakblätter gekonnt in eine brennbare Blattrolle verwandeln. Eine von ihnen ist Alicia Espact-Parada. Schon als kleines Kind habe sie ihrer Großmutter beim Zigarrenrollen über die Schulter geschaut, erzählt die gebürtige Kubanerin. Inzwischen ist sie selbst eine geübte Rollerin und schneidet sie mit einem Spezialmesser das leicht angefeuchtete Tabakblatt, das sogenannte Deckblatt, passgenau zurecht. Mit geübten Fingergriffen umwickelt sie damit den zuvor 45 Minuten lang gepressten Zigarrenrohling. Nur drei Minuten braucht sie bis das Deckblatt kunstvoll die Zigarre umschließt. „Das Zigarrenrollen ist eine Kunst“, betont Annette Meisl. Würden etwa die Tabakblätter der sogenannten Einlage mit dem Umblatt zu fest eingerollt oder verdrehen sie, könne später der Rauch nicht gleichmäßig durch die Zigarre ziehen – genau das aber sei für einen perfekten Genuss wichtig.

„Zigarren raucht man schließlich nicht mal so eben und nebenbei. Da überlegt man genau, wann man sich die Zeit nimmt, mit wem oder in welchem Ambiente man eine Zigarre anzünden will“, sagt Annette Meisl. Ganz bewusst habe sie deshalb im hinteren Bereich des La Galana eine Umgebung für Afficionados, für wahre ZigarrenLiebhaber, schaffen wollen. Und tatsächlich, wenn man den Salon betritt, fühlt man sich ein wenig so wie in einer Bar mitten in Havanna. Ein Sofa aus rotem Samt, ein alter Ohrensessel aus Leder, ein Kronleuchter, der Duft von Tabak, ein großer Reisekoffer, ein altes Klavier und an Wänden Bilder von Che Guevara – soll stellt man sich den legendären Buena Vista Social Club vor. Die Hektik der Venloer Straße scheint hier Lichtjahre entfernt. Und so wundert es nicht, dass hierregelmäßig Zigarrenliebhaber herkommen, die sich eine Auszeit gönnen wollen – sozusagen für eine Zigarrenlänge. Sie kommenn um zu lesen oder sich mit anderen Gästen zu unterhalten oder einfach um dem Rauch hinter zuschauen. „Das hat etwas Kontemplatives“, sagt Meisl. Jeder genießt hier die Zigarre so wie er es mag.

VON ANGELA HORSTMANN, KStA

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